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Fachkräftemangel im Mittelstand: Ist Ihr Unternehmen selbst schuld?


Hinweisschild vor Industriegebäude mit der Aufschrift ‚fleißige Fachkräfte gesucht‘ – Sinnbild für den akuten Fachkräftemangel im deutschen Mittelstand.
Fleißige Fachkräfte gesucht

Offene Stellen soweit das Auge reicht – aber keine passenden Bewerber in Sicht. Ihr Produktionsleiter streicht bereits Schichten, weil Fachkräfte fehlen. In der Verwaltung stapeln sich die Ordner auf dem Schreibtisch des längst unbesetzt gebliebenen Buchhalters. Der Fachkräftemangel im Mittelstand hat Ihr Unternehmen fest im Griff. Doch Hand aufs Herz: Ist wirklich der „Markt“ allein schuld daran? Oder machen es sich manche Mittelständler vielleicht selbst schwerer, als nötig?


Fachkräftemangel im Mittelstand: Realität, aber keine bequeme Ausrede

Natürlich ist der Fachkräftemangel real und längst in der Breite der mittelständischen Industrieunternehmen im DACH-Raum angekommen. In Umfragen betrachten rund zwei Drittel der Mittelständler den Fachkräftemangel mittlerweile als Risiko Nummer 1 für die eigene Geschäftsentwicklung​. Jedes zweite Unternehmen gibt an, offene Stellen nicht besetzen zu können, weil es keine passenden Kandidaten findet​. Diese Zahlen sind alarmierend – und sie erklären, warum Geschäftsführer und Personalverantwortliche nahezu täglich um qualifizierte Fachkräfte ringen.


All das entbindet jedoch kein Unternehmen von der Pflicht, die eigene Personalgewinnung kritisch zu hinterfragen. Denn so einfach es wäre, allein den äußeren Umständen die Schuld zu geben: Ganz so einfach ist es nicht. PolyTALENT beobachtet als Personalberatung in der Praxis immer wieder, dass mittelständische Unternehmen sich durch veraltete Denkmuster und Prozesse selbst im Weg stehen. Der Fachkräftemangel mag ein strukturelles Problem sein – doch ob Ihr Unternehmen darunter leidet oder konkurrenzfähig bleibt, hängt auch von Ihnen selbst ab. Provokant formuliert: Mancher Mittelständler wird ungewollt zum eigenen Engpassfaktor.


Wo Unternehmen sich selbst im Weg stehen

Woran kann es liegen, dass in zwei benachbarten Betrieben der gleiche Mangel herrscht, aber nur einer kaum Bewerbungen erhält? Oft sind es hausgemachte Probleme in Recruiting und Personalstrategie. Hier einige typische Fehlerquellen, die wir in der Beratungspraxis immer wieder sehen:


Veraltetes Recruiting: Mit Methoden von gestern findet man kein Personal von morgen.


Viele Mittelständler suchen Fachkräfte noch so, wie sie es vor 20 Jahren getan haben. Die Stelle wird intern besprochen, eine Stellenanzeige auf der Firmenwebsite oder in der lokalen Zeitung geschaltet – und dann heißt es abwarten. Wochenlang. Doch die Zeiten, in denen qualifizierte Bewerber von selbst anklopften, sind vorbei. Recruiting im Mittelstand muss heute proaktiver und kreativer sein. Wer nur passiv auf eingehende Bewerbungen hofft, wird im Wettbewerb um Talente abgehängt.

Ein Praxisbeispiel: Ein familiengeführter Maschinenbauer wunderte sich, warum monatelang keine geeigneten Bewerbungen für eine Entwicklerstelle eingingen – bis ein Blick auf die Stellenausschreibung und die Kanäle alles erklärte. Das Stellenprofil klang wie aus den 90ern, und das Inserat war ausschließlich auf der Firmenhomepage versteckt. Kein Wunder, dass kein junger Ingenieur davon Wind bekam. Moderne Personalgewinnung erfordert, dort zu suchen, wo sich die Fachkräfte von heute aufhalten: auf Online-Jobbörsen, in Karrierenetzwerken wie LinkedIn oder XING, via Social Media Recruiting oder durch Active Sourcing. Kurz: Mittelständische Unternehmen müssen ihre Recruiting-Methoden modernisieren und aktiv auf Kandidaten zugehen, anstatt nur zu hoffen, gefunden zu werden.

Junger Facharbeiter in moderner Fertigungshalle arbeitet konzentriert am Laptop vor CNC-Maschine – Beispiel für gesuchte qualifizierte Fachkräfte in der Industrie.
Gelernter Werkzeugmacher

Arbeitgeberattraktivität: Fachkräfte suchen keinen 08/15-Job

Der War for Talents ist auch ein Wettbewerb der Arbeitgeberattraktivität. Mittelständische Industrieunternehmen bieten oft spannende Produkte und ein familiäres Arbeitsklima – doch präsentieren sie das auch nach außen? Viele Betriebe klagen, dass keiner sich bewirbt, übersehen aber, dass ihr Unternehmen für Außenstehende schlicht unattraktiv wirkt. Arbeitgeberattraktivität bedeutet mehr als ein ordentliches Gehalt zu zahlen. Fachkräfte von heute achten auf weiche Faktoren: flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten, Weiterbildungschancen, eine wertschätzende Führungskultur und Sinnhaftigkeit der Aufgabe. Wer hier nichts zu bieten hat oder dies nicht kommuniziert, steht im Schatten großer Konzerne, die mit Employer-Branding-Kampagnen glänzen – oder auch agiler Start-ups, die als modern und dynamisch gelten.

Fragen Sie sich ehrlich: Würden Sie sich bei Ihrem eigenen Unternehmen bewerben? Kennen potenzielle Bewerber überhaupt Ihre Stärken als Arbeitgeber? Viele mittelständische Unternehmen verlassen sich darauf, in ihrer Region bekannt zu sein. Doch Fachkräfte – insbesondere jüngere Generationen – informieren sich online über Arbeitgeberbewertungen und Unternehmenswerte. Ein nahezu leerer oder negativer Auftritt auf Plattformen wie kununu, oder eine Karriereseite mit veralteten Fotos vom Betriebsfest 2010, lädt qualifizierte Leute kaum ein. Arbeitgeberattraktivität steigern heißt, ein authentisches Bild Ihres Unternehmens zu vermitteln: Was macht die Arbeit bei Ihnen besonders? Welche Entwicklungsperspektiven haben Mitarbeiter? Wie leben Sie Werte und Teamgeist? Setzen Sie diese Punkte in Szene – online wie offline. Denn im Zweifel entscheiden sich gesuchte Fachkräfte für den Arbeitgeber, der ihnen das attraktivere Gesamtpaket bietet.


Fehlende Personalstrategie: Nachwuchs kommt nicht von allein

Ein weiterer Knackpunkt: Viele Mittelständler agieren in der Personalgewinnung ohne langfristige Personalstrategie. Sie reagieren erst, wenn eine Stelle akut unbesetzt ist – anstatt vorausschauend Fachkräfte zu entwickeln. Das rächt sich besonders jetzt, da die Babyboomer in Rente gehen und der Nachwuchs knapper wird. Wer keine Lehrlinge ausbildet, keine Hochschulabsolventen ins Unternehmen holt und keine systematische Mitarbeiterentwicklung betreibt, dem fehlt irgendwann die nächste Generation im eigenen Haus.

In der Praxis sehen wir Beispiele dafür zuhauf: Etwa das Kunststoffunternehmen, das jahrelang die Ausbildung junger Facharbeiter vernachlässigte – und nun händeringend erfahrene Verfahrensmechaniker sucht, die es am Markt kaum gibt. Oder der Spezialanlagenbauer, der seine fähigsten jungen Ingenieure an die Konkurrenz verlor, weil er ihnen intern keine Aufstiegschancen bot. Personalgewinnung fängt im eigenen Unternehmen an. Mitarbeiterbindung und interne Nachwuchsförderung sind Gold wert: Halten Sie Leistungsträger, indem Sie ihnen Entwicklungsperspektiven aufzeigen. Binden Sie älteres Wissen, bevor es in Rente geht, etwa durch Mentorenprogramme. Und planen Sie Personalbedarfe frühzeitig, statt ständig in letzter Minute zu rekrutieren. Eine strategische Personalplanung – idealerweise verzahnt mit Ihrer Geschäftsstrategie – hilft, Überraschungen vorzubeugen. Der Fachkräftemangel tut weniger weh, wenn Sie rechtzeitig eigene Fachkräfte aufbauen.

Zwei Personen im Bewerbungsgespräch an einem Tisch – Fokus auf professionellem Recruiting-Prozess und strukturierter Personalgewinnung im Mittelstand.
Bewerbungsgespräch im Büro

Ineffiziente Bewerbungsprozesse: Geschwindigkeit ist Trumpf

Schließlich sabotieren sich Unternehmen oft durch ihre Bewerbungsprozesse selbst. Stellen Sie sich vor, eine rare Top-Bewerberin entscheidet sich, bei Ihnen zu kandidieren – und dann hört sie wochenlang nichts mehr von Ihnen. Oder sie muss einen mehrseitigen Papierbogen ausfüllen, den Lebenslauf noch mal separat eintippen und in drei Vorstellungsgespräche antreten, nur um dann auf unbestimmte Zeit vertröstet zu werden. Viele mittelständische Betriebe unterschätzen, wie sehr ein langsamer oder umständlicher Prozess Kandidaten vergraulen kann. In Zeiten von Fachkräfteknappheit suchen sich Bewerber den angenehmsten Weg – und Top-Talente sind oft nicht lange auf dem Markt.

Ein ineffizienter Bewerbungsprozess wirkt auf Kandidaten wie eine Kostprobe der Unternehmenskultur: Träge, bürokratisch, wenig wertschätzend. Genau das wollen Sie vermeiden. Überprüfen Sie daher Ihre Abläufe: Wie schnell reagieren Sie auf eingehende Bewerbungen? Wie einfach oder kompliziert ist es, sich bei Ihnen zu bewerben? Erhalten Bewerber zeitnah Feedback und fühlen sie sich wertgeschätzt? Best Practice im Recruiting heißt heute oft: schlanke Online-Formulare, zeitnahe Kommunikation (innerhalb weniger Tage), wertschätzende Gespräche auf Augenhöhe – und insgesamt ein zügiger Entscheidungsprozess. Wenn Sie zu lange zögern, hat der Kandidat vielleicht schon woanders unterschrieben. Gerade mittelständische Unternehmen können hier punkten, indem sie flexibler und persönlicher agieren als Großkonzerne. Nutzen Sie diesen Vorteil! Ein guter Candidate Experience spricht sich herum und erhöht Ihre Chancen, auch in schwierigem Marktumfeld die richtigen Mitarbeiter zu gewinnen.

Geschäftsperson hält symbolisch ein Netzwerk bunter Papierfiguren in den Händen – Darstellung von Arbeitgebermarke, Mitarbeiterbindung und wertschätzender Unternehmenskultur im Mittelstand.
Arbeitgebermarke – Symbolische Darstellung in Händen

Fazit: Herausforderung annehmen, statt hadern

Der Fachkräftemangel im Mittelstand ist zweifellos eine ernstzunehmende Herausforderung – aber kein unveränderliches Schicksal. Ja, der Arbeitsmarkt hat sich gedreht: Bewerber haben heute mehr Auswahl, und der demografische Wandel leert die Personaldecke in vielen Branchen. Doch gerade deshalb können und müssen mittelständische Unternehmen an den Stellschrauben drehen, die in ihrer eigenen Hand liegen. Die provokante Frage „Ist Ihr Unternehmen selbst schuld?“ soll kein Vorwurf sein, sondern zum Nachdenken anregen. Reflektieren Sie Ihre Personalstrategie kritisch: Nutzen Sie moderne Recruiting-Wege? Ist Ihr Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv und bekannt genug? Fördern und halten Sie Ihre Talente langfristig? Und bieten Ihre Prozesse eine Bewerbererfahrung, die Fachkräfte überzeugt?

Die gute Nachricht: Jedes Unternehmen kann in diesen Bereichen Verbesserungen anstoßen – sofort und aus eigener Kraft. Viele unserer Kunden im Mittelstand haben erlebt, dass sich die Bewerberlage deutlich entspannen kann, sobald interne Hürden abgebaut werden. Wer die Herausforderung Fachkräftemangel aktiv annimmt, anstatt nur zu hadern, sendet ein wichtiges Signal – nach außen an potenzielle Bewerber ebenso wie nach innen an die Belegschaft. Es zeigt: Wir kümmern uns, wir entwickeln uns weiter. Genau das erwarten heutige Fachkräfte. Kurz gesagt: Machen Sie Ihr Unternehmen vom Leidtragenden zum Gestalter. Dann stehen die Chancen gut, dass Sie auch in Zukunft die Talente finden und binden, die Sie für Ihren Unternehmenserfolg brauchen.

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